Erste gemeinsame „Terrorübung“ am Illtalgymnasium in Illingen

Ministerien und beteiligte Organisationen ziehen positive Bilanz Erste gemeinsame „Terrorübung“ am Illtalgymnasium in Illingen

Nach der in diesem Umfang erstmalig gemeinsam geprobten Bewältigung eines „Terroranschlags mit einem Massenanfall von Verletzten“ am Illtalgymnasium in Illingen am Samstag, 3. November 2018, zeigten sich alle Beteiligten zufrieden mit dem Ablauf der Übung.
„Die Übung hat gezeigt, vor welch‘ enormer Herausforderung Polizei, Rettungsdienst, Notärztinnen und -ärzte und Kliniken im Fall einer Terrorlage stehen. Ich bin davon überzeugt, dass wir insgesamt gut auf solche Lagen vorbereitet sind. Ich darf bereits jetzt feststellen, dass sich die Abläufe zwischen Polizei, Rettungsdienst und den beteiligten Kliniken bewährt haben. Dort wo es erforderlich ist, werden wir natürlich kritisch nacharbeiten, um diese Zusammenarbeit weiter zu optimieren“, so das Fazit von Innenminister Klaus Bouillon.
Auch Gesundheitsministerin Monika Bachmann ist überzeugt von dem Mehrwert einer solchen Übung: „Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass die zahlreichen Maßnahmen greifen, die wir bereits in der Vergangenheit eingeführt haben, wie etwa die Krankenhausalarmplanverordnung. Zudem haben die Notfallchirurginnen und –chirurgen im Saarland eine spezielle Ausbildung durchlaufen, die von meinem Haus gefördert wurde. Die Krankenhäuser samt Ärztinnen und Ärzten und Pflegepersonal werden hier bewusst und kontrolliert an ihre Belastungsgrenze geführt. Deshalb danken wir allen Beteiligten für die Bereitschaft an der Übung teilzunehmen.“
Das Gesundheitsministerium und das Innenministerium haben diese Vollübung auf Initiative von Prof. Dr. Tim Pohlemann (Projekt Traumanetzwerk Saar- (Lor)-Lux-Westpfalz) initiiert, beteiligt an der Übung waren die saarländische Polizei, der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) Saar und vier saarländische Kliniken (Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg, dem Klinikum Saarbrücken, dem Marienkrankenhaus St. Wendel und dem Marienhaus Klinikum Saarlouis-Dillingen, Standort Saarlouis).

Das Szenario im Überblick:
Am Illtal-Gymnasium in Illingen kommt es zu einer lebensbedrohlichen Einsatzlage während einer Abschlussveranstaltung einer Projektwoche. Aus Anlass dieser Feierlichkeiten befinden sich zahlreiche Schülerinnen und Schüler, aber auch Besucherinnen und Besucher in dem Gebäude.
Gegen 10 Uhr dringen drei maskierte Täter in das Bistro der Schule ein, eröffnen das Feuer. Noch während die Täter um sich schießen und Personen verletzen, wird zunächst der Wach- und Streifendienst (WSD) und in der Folge die Operative Einheit Saarland (OpE) und das Spezialeinsatzkommando (SEK) in das Gebäude eindringen, Verletzte bergen und gegen die Täter vorgehen. Das SEK wird nach der Erstversorgung im Gebäude die Verletzten in einen sicheren Bereich bringen.
Dort erfolgt die notfallmedizinische Versorgung und Stabilisierung durch den Rettungsdienst. Durch ihn werden die Verletzten im weiteren Verlauf der Übung in die Kliniken verbracht, wo die Schwer- und Schwerstverletzten weiter versorgt werden.
Übungsleiter Gerald Stock: „Der Sachverhalt, der der Übung zu Grunde lag, ist geprägt von einer hohen Dynamik, das heißt, die Polizei hat sowohl die Täter zu lokalisieren und zügig gegen diese vorzugehen, als auch die Verletzten aus der Gefahrenzone abzutransportieren und in einem gesicherten Bereich an den Rettungsdienst zu übergeben.“
Nach Einschätzung von Stock haben bereits die Übungsvorbereitung und das intensive Befassen mit der Materie dazu geführt, dass bei den eingesetzten Kräften ein zusätzliches Maß an Handlungssicherheit eingetreten ist.
„Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Rettungsdienst nach meiner Wahrnehmung erfolgreich war. In den nächsten Wochen werden wir dennoch den gesamten Übungsablauf nachbereiten, um etwaige Optimierungspotenziale zu erkennen“, erklärt der Übungsleiter zusammenfassend.
Der ZRF war mit insgesamt rund 100 Kräften des Rettungsdienstes und 32 Fahrzeugen an der Übung in Illingen beteiligt – auch in diesem Bereich eine außergewöhnliche Herausforderung, denn Übungsfahrzeuge mussten bspw. zusätzlich personalisiert werden, damit die reguläre Notfallversorgung der Bevölkerung in der Region zu keinem Zeitpunkt gefährdet war.
Die Integrierte Leistelle des Saarlandes war in Alarmierung, Disposition und einsatzbegleitende Koordination eingebunden: So trafen die Einsatzkräfte von einer Sammelstelle nahe des Übungsobjektes startend zeitversetzt an der Einsatzstelle ein, orientiert an den realistischen Anfahrtszeiten von den verschiedenen Standorten. Neben den Fahrzeugen des Rettungsdienstes war auch der Rettungshubschrauber „Christoph 16“ vor Ort.
Die Besonderheit der Übung: Nach der rettungsdienstlichen Versorgung waren die Verletztendarstellerinnen und -darsteller nicht aus der Übung „entlassen“, sondern wurden tatsächlich durch die Rettungsdienstfahrzeuge in die teilnehmenden Krankenhäuser in Saarbrücken, Homburg, St. Wendel und Saarlouis transportiert, sodass die Versorgung von vielen Trauma-Patientinnen und -Patienten, wie sie bei einer Terrorlage oder einer Amoktat zu erwarten wäre, auch in den Notaufnahmen der Kliniken geübt wurde. Eine Kennzeichnungskarte, wie sie während der Übung an den Patientinnen und Patienten eingesetzt wird, ermöglicht ein durchgängiges Szenario mit medizinisch korrekter, logischer Abfolge, basierend auf der Grundverletzung und den getroffenen Maßnahmen.
„Terroranschläge oder Amoklagen erfordern wegen der Gefährdung der Einsatzkräfte auch eine besondere Vorgehensweise des Rettungsdienstes. Entscheidend ist die Abstimmung mit den polizeilichen Einsatzkräften vor Ort“, sagt Dr. Thomas Schlechtriemen, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Saarland. „Dank der hervorragenden Zusammenarbeit mit der saarländischen Landespolizei konnten wir diese Abläufe bereits in den letzten Jahren miteinander abstimmen und festlegen. Diese Übung ist nun die einmalige Gelegenheit, diese Verfahrensvorgaben zu überprüfen und weiter zu entwickeln. Schon jetzt kann ich sagen, dass die Übung ein großer Erfolg war.“
Im UKS in Homburg sind alle chirurgischen Bereiche inklusive Anästhesie, Blutbank, Technik, Stab, Küche und Rechtsmedizin in die Übung eingebunden. Es werden 5 Schockräume aufgerüstet. Laut UKS werden zwischen 500 – 800 Personen der 5000 Beschäftigten involviert sein.
Alle „Patientinnen und Patienten“ (Mimen) werden in der Klinik weiter betreut, sowohl auf der Intensiv- als auch auf der Normalstation mit entsprechenden Rückmeldungen. Zusätzlich wird die Zusammenarbeit mit dem zentralen Personensuchdienst der Polizei einer erneuten Prüfung unterzogen.
Prof. Dr. Tim Pohlemann: „Neue Bedrohungslagen beispielsweise durch Terroranschläge erzwingen ein Umdenken in den strukturellen und personellen Vorbereitungen für einen Massenanfall von Verletzten. Die zu erwartenden Verletzungen entsprechen Kriegsverletzungen, über das Überleben der Betroffenen entscheidet eine schnelle und zielgerichtete chirurgische Versorgung in vorbereiteten Krankenhäusern mit speziell ausgebildeten Chirurginnen und Chirurgen.“
In enger Zusammenarbeit zwischen Traumanetzwerk, Landesregierung und dem ZRF konnte über das Jahr 2018 hinweg eine landesgeförderte Schulung von inzwischen 30 Chirurginnen und Chirurgen in vier Kliniken des Saarlandes (UKS, Winterberg, Saarlouis und St. Wendel) durchgeführt werden.
Prof. Pohlemann weiter: „Die in der Routine nicht vorkommenden taktischen Fertigkeiten zur Priorisierung der eingelieferten Patientinnen und Patienten und spezielle chirurgische Fertigkeiten zur Behandlung von Schuss-, Explosions- und Amputationsverletzungen wurden in spezifischen Kursen und Programmen geschult. Die Übung setzt mit dem landesweiten Charakter, der Realitätsnähe in der Zusammenarbeit aller Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben auch bundesweit neue Standards und Akzente.“

Die Übung in Zahlen:
· 100 Operative Einsatzkräfte der Polizei
· 112 Mimen (Polizei)
· ca. 100 Mimen (DRK)
· ca. 6 Liter Kunstblut, 2 kg Wachs, 3 Liter Latex und jede Menge Theaterschminke (Vorbereitung durch 12 freiwillige Helfer der „Realistischen Unfalldarstellung“ des DRK, unterstützt von 4 Kräften der Bundeswehr)
· 120 geladene Übungsbeobachterinnen und -beobachter/Gäste
· 8 Monate Übungsvorbereitung
· etwa 20 ärztliche und rettungsdienstliche Schiedsrichter und Beobachter
· 84 rettungsdienstliche Fachkräfte
· 6 Notarzteinsatzfahrzeuge
· 8 Notärzte, 1 Leitender Notarzt
· 15 Rettungswagen, 10 Krankentransportwagen, 1 Gerätewagen Rettungsdienst
· 1 Rettungshubschrauber „Christoph 16“

text.-innenministerium
foto.zbs -mp
red.zbs