Bund muss konkreten Rettungsschirm für die Kultur aufspannen

Soziale Lage von Künstler*innen auch über Corona-Krise hinaus in den Blick nehmen.  Bund muss konkreten Rettungsschirm für die Kultur aufspannen

„Die Politik hat bislang mit vielfältigen Sofortmaßnahmen dazu beigetragen, die Auswirkungen der Corona-Krise auch für Kulturschaffende zu mildern. Das war richtig und wichtig. Dennoch stellen wir fest, dass viele Kreative und Kulturschaffende mit ihren speziellen Bedürfnissen und Anforderungen durch das Raster der verschiedenen Sofortprogramme fallen.“
Der kulturpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Jürgen Renner fordert deshalb maßgeschneiderte Lösungen, um das Überleben der Kulturszene gewährleisten zu können. Dabei sieht er neben dem Land auch den Bund in der Pflicht. „Derzeit gestaltet sich das Unterstützungssystem für Kulturschaffende in Deutschland wie ein Flickenteppich. Es kann aber nicht sein, dass die Überlebensfähigkeit vom Wohnort der Betroffenen oder von der Leistungsfähigkeit eines Bundeslandes abhängt. Der Bund muss deshalb einen konkreten Rettungsschirm für die Kultur aufspannen“, so Renner.
Neben den Sofortmaßnahmen für Kleinbetriebe und Solo-Selbstständige fordert Renner daher vom Bund Zuschüsse für Betriebsausgaben für Kulturschaffende mit befristeten Arbeitsverträgen. „Diese Gruppe erfüllt aus vielerlei Gründen die Zugangsvoraussetzungen für das Sofortprogramm des Bundes nicht. Deshalb ist es sinnvoll, dass Kosten von freiberuflich und soloselbstständigen Beschäftigten im Kulturbereich als Zuschuss im Rahmen des Bundesprogramms förderfähig werden.
Um das Überleben der Clubkultur zu sichern, soll der Bund einen Notfallfonds für kleinere und mittlere Musikclubs auflegen, aus dem Zuschüsse zu den bereits entstandenen Corona-bedingten Kosten gewährt werden können.
Nach Angaben von Renner stehen auch viele kleinere und mittlere Festivals vor dem endgültigen Aus. Eine Nothilfe für kleinere und mittlere Festivals könnte über einen Zuschuss pauschal erfolgen. Dieser Zuschuss solle sich am Vorjahresumsatz orientieren und unbürokratisch zur Auszahlung kommen, so Renner.
Für die vielen Freien und Kreativen, die ohnehin in finanziell prekären Situationen arbeiten, fordert der SPD-Politiker eine Hilfspauschale nach dem Beispiel Bayerns. Dort erhalten alle in der Künstlersozialkasse versicherten Künstlerinnen und Künstler auf die Dauer von drei Monaten einen Zuschuss in Höhe von 1.000 Euro je Monat.
„Über diese und weitere Maßnahmen, etwa zur Absicherung von Kinos, sind wir derzeit mit Kulturpolitikerinnen und -politikern des Bundes im Gespräch. Klar ist, dass wir nicht mehr viel Zeit haben oder abwarten können. Der Bund und vor allem Kulturstaatssekretärin Grütters müssen sich jetzt bewegen“.
Renner spricht sich darüber hinaus dafür aus, die soziale Lage von Künstlerinnen und Künstlern über die jetzige Sondersituation hinaus in den Blick zu nehmen. „Der vom Kulturforum aufgelegte Corona-Nothilfefonds ist ein großer Erfolg. Wir müssen aber der Wahrheit ins Gesicht blicken: Auch ohne Corona-Krise leben viele Künstlerinnen und Künstler am Existenzminimum. Wir sollten daher überlegen, ob wir einen dauerhaften Hilfefonds im Saarland für in Not geratene Künstler auflegen, um zur Linderung akut auftretender Problemlagen beitragen zu können.“
Handlungsbedarf bestehe auch bei den Künstlerhonoraren. „Hier stellen wir vor allem im Bereich der bildenden Kunst eine große Gerechtigkeitslücke bezüglich der Honorierung von künstlerischen Leistungen fest.“ Im Gegensatz zu Musikern, Darstellern oder Autoren würden diese für die öffentliche Präsentation ihrer Kunst in der Regel nicht bezahlt. „Dies betrifft auch Veranstaltungen und Ausstellungen des Landes. Die öffentliche Hand sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen und in Zukunft selbst Ausstellungsvergütungen zahlen und gleichzeitig bei geförderten Projekten die verpflichtende Ausstellungsvergütung in die Förderkriterien aufnehmen.“
Zum Schutz vor Altersarmut schlägt Renner vor, freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern den Zugang zur geplanten Grundrente zu erleichtern. Nach den derzeitigen Plänen muss als Voraussetzung zum Bezug von Grundrente zusätzlich zu mindestens 35 Jahren Beitragszeiten in der Rentenversicherung noch ein Mindesteinkommen von mindestens 30 % des bundesweiten Durchschnittsein-kommens erwirtschaftet werden. „Viele Künstlerinnnen und Künstler erreichen zwar die Versicherungszeiten, nicht jedoch das verlangte Mindesteinkommen. Sie empfinden das als ungerecht und sehen sich in ihrer Lebensleistung degradiert.“ Auch der Deutsche Künstlerbund und andere Verbände fordern deshalb, die zweite Hürde auf 10 % des Durchschnittseinkommens abzusenken. Das ist gleichzeitig die Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse. „Die Kulturpolitiker des Bundes sollten die Möglichkeit des anstehenden parlamentarischen Verfahrens nutzen, um die Interessen der Künstlerinnen und Künstler in das Gesetzeswerk einzubringen“, so Renner.

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