Landesrechnungshof kritisiert Bliesterrassen

Städtebauliche Betrachtung 

Die Kreisstadt Neunkirchen hat die Umgestaltung der Bliesterrassen als eine Schwerpunktmaßnahme der innerstädtischen Freiraumgestaltung ausgewiesen. Ziel des Projektes soll es sein, durch einen verbesserten Zugang zur Blies und eine stärkere Integration des Flusslaufes in das urbane städtebauliche Umfeld eine Attraktivierung der nördlichen Innenstadt zu erreichen. Weiterhin sollte die Dichte der umgebenden und versiegelten Bebauung durch ausreichend Grünflächen ausgeglichen und damit die Grundlage für ein attraktives städtisches Wohnen geschaffen werden. Zur Erreichung dieser Ziele wurden im Zuge der Bauausführung verschiedene Treppenanlagen errichtet, um eine Verbindung von der bestehenden Bliespromenade zu den neuen Terrassen und dem Flusslauf zu schaffen. Als Kernstück der Maßnahme wurde zudem auf einer Fläche von etwa 20 mal 80 m eine mit vier Ebenen versehene Sitzstufenanlage errichtet und auf dem oberen Plateau eine Liegewiese angelegt. Für die reine Gestaltung und Ausstattung dieses überschaubaren Bereiches mit den Treppen und der Sitzstufenanlage fielen nach überschlägiger Ermittlung des Rechnungshofs Kosten von rund 590.000 € an (unberücksichtigt der Ausgaben für die Wege ober und unterhalb der Sitzstufenanlage, die Gelände- und Verbauarbeiten sowie der Bepflanzung). Der Rechnungshof hat die Auffassung vertreten, dass der umgestaltete Bereich mit der Anlegung der Bliesterrassen zu einer spürbaren Aufwertung der Aufenthaltsqualität geführt hat. Mit der Sitzstufenanlage wurde eine auf den ersten Blick ansprechende Gestaltung des Uferbereichs geschaffen. Gleichzeitig wurde die Zugänglichkeit zum Ufer der Blies mit den Treppenanlagen deutlich verbessert. Kritisiert hat der Rechnungshof jedoch, dass es nur bedingt gelungen ist, die unmittelbar an die Ausbaumaßnahme angrenzende Bebauung in die städtebauliche Entwicklung zu integrieren. Trotz der Anknüpfung der Bliesterrassen über die neuen Treppenanlagen wirkt der neu gestaltete Freiraum weitgehend isoliert und lediglich wie vor die Altbebauung und die Bliespromenade davorgesetzt. Städtebaulich problematische Stellen am Übergang zwischen alt und neu wurden an vielen Stellen bedauerlicherweise übergangen oder ungelöst „zurückgelassen“. Exemplarisch hat der Rechnungshof hier auf den unmittelbaren Bereich hinter der Liegewiese und die Bereiche unter der Promenade sowie den angrenzenden Brücken hingewiesen. Das Projektziel, zur Naherholung ein zentrales Grünband entlang der Blieszu schaffen und dieses an zentralen Stellen mit der Innenstadt zu verknüpfen, hat der Rechnungshof, was den ersten Bauabschnitt angeht, als verfehlt angesehen. Zwar wurde im Kernbereich mit der Bepflanzung und der sogenannten Liegewiese eine gewisse Aufwertung erreicht, jedoch reicht dieser geringe Grünanteil bei Weitem nicht aus, um ein Umfeld für ein greifbares attraktives, städtisches Wohnen zu ermöglichen und die Dichte der umgebenden und versiegelten Bebauung auszugleichen. Auch dürfte die sehr kleine Liegewiese letztlich wohl vor allem als Hundetoilette missbraucht werden.Dass sich hier Passanten tatsächlich zur Erholung niederlassen, hat der Rechnungshof für wenig wahrscheinlich erachtet. Beanstandet hat der Rechnungshof weiterhin, dass der Aspekt der Barrierefreiheit bei dieser zentralen innerstädtischen und vom Land/Bund bezuschussten Maßnahme nur sehr unzureichend berücksichtigt wurde. So ist die obere Ebene der Bliesterrassen barrierefrei überhaupt nicht zu erreichen. Ein Zugang zur unteren Ebene ist zwar theoretisch möglich, jedoch müssten Rollstuhlfahrer, Menschen mit Rollator oder Familien mit Kinderwagen dafür von der Brückenstraße aus einen Umweg von rund 700 m bis 800 m in Kauf nehmen (inklusive Rückweg rund 1,5 km). Faktisch ist dieser Personenkreis somit vom Zugang und der Nutzung dieses öffentlichen Raumes ausgeschlossen. Der Rechnungshof hat dies als inakzeptabel erachtet. Kritisiert hat er auch, dass bei den Gestaltungselementen im Kernbereich der Anlage nicht stärker auf eine wirtschaftlichere Realisierung geachtet wurde. Hier hätten spürbar Mittel eingespart werden können, wenn unter anderem auf die Vielzahl der Sonderstufen und Einzelelemente bei den Treppen und der Sitzstufenanlage sowie auf die Überbreite bei den Sitzstufen verzichtet worden wäre. Auch hätten Mittel eingespart werden können, wenn dem Grünbereich, wie im Handlungsprogramm auch verankert, deutlich mehr Raum zugestanden worden wäre. Der Rechnungshof hat abschließend angemerkt, dass die Realisierung des derzeit in der Umsetzung befindlichen zweiten Bauabschnitts in jedem Fall erforderlich ist, um die städtebaulichen Ziele zumindest ansatzweise erreichen zu können. Selbst dann handelt es sich jedoch nach wie vor um eine verhältnismäßig kleinräumige und isolierte Insellösung auf einer Fließgewässerstrecke von weniger als 100 m beidseitig der Blies. Um eine wirkliche nachhaltige Wirkung zu erzielen, dürften weitere Maßnahmen im Umfeld, vor allem in Zusammenarbeit mit den angrenzenden Gebäude- und Flächeneigentümern, zwingend erforderlich sein. Mit Blick auf die Finanzierbarkeit hat der Rechnungshof abschließend angemerkt, dass es Ziel sein muss, die weiteren Abschnitte an der Blies mit einem deutlich moderateren Mitteleinsatz städtebaulich zu bearbeiten. Seite 6