Kinderarmut nicht weiter hinnehmen

Arbeitskammer fordert die Einführung einer Kindergrundsicherung Kinderarmut nicht weiter hinnehmen

Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Kinderarmut verharrt seit Jahren auf hohem Niveau. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung der Bertelsmann Stiftung. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Situation für arme Kinder und Jugendliche weiter verschärft. „Wir dürfen es nicht länger hinnehmen, dass Menschen schon in jungen Jahren zu gesellschaftlichen Verlierern werden“, betont Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer. Damit Kinder von Eltern mit geringem Einkommen bessere Zukunftschancen haben, drängt die Arbeitskammer auf die Einführung einer bedarfsorientierten Kindergrundsicherung.
Auch im Saarland ist ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen armutsgefährdet, das heißt sie leben in Haushalten, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte beträgt. 19,1 Prozent der Kinder beziehen Grundsicherung (SGB II/Hartz IV). Bundesweit sind es 13,8 Prozent. Doch es gibt regional erhebliche Unterschiede: Am höchsten ist der Anteil der Kinder im Hartz-IV-System im Regionalverband Saarbrücken (28,6 %) und in Neunkirchen (22,5 %). In den Landkreisen St. Wendel und Merzig-Wadern sind es dagegen 10,2 beziehungsweise 10,8 Prozent. Trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung vor Corona ist die SGB-II-Quote von Kindern und Jugendlichen in allen saarländischen Kreisen angestiegen, mit Ausnahme des Landkreises Saarlouis, dort stagniert der Anteil.
Weil staatliche Unterstützungsangebote weggefallen sind und sie oft weder über einen internetfähigen PC noch über Rückzugsräume zum ungestörten Lernen verfügen, hat sich die Situation für Kinder aus armen Verhältnissen während der Corona-Krise erheblich verschärft. „Es ist längst überfällig, dass die Politik handelt“, meint der AK-Hauptgeschäftsführer. Die Arbeitskammer fordert seit Jahren die Einführung einer Kindergrundsicherung. Der DGB hat kürzlich ein Konzept einer bedarfsorientierten Kindergrundsicherung vorgelegt. Damit könnten deutschlandweit 710.000 Kinder in 200.000 Haushalten aus dem Hartz-IV-System herauskommen. Die Kosten würden sich auf 12,4 Milliarden Euro belaufen. Im Vergleich zu den milliardenschweren Rettungsschirmen für Unternehmen in der Corona-Krise ist das keine hohe Summe. „In einer alternden Gesellschaft ist das eine wichtige Investition in die Zukunft unseres Landes“, stellt Otto heraus.
Bei der Formulierung des „Zweiten Aktionsplan zur Armutsbekämpfung im Saarland“ haben die Sozialverbände und Organisationen im Beirat Armutsbekämpfung eine Unterstützung der Einführung einer Kindergrundsicherung im Rahmen der Arbeits- und Sozialministerkonferenz eingefordert. Angesichts der bedrückenden aktuellen Befunde werde es Zeit, dass die saarländische Politik eindeutig Position beziehe, so Otto.

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red.zbs / mp