Inkassokosten im Visier der Verbraucherzentralen

Gebühren für standardisierte Schreiben deutlich zu hoch.  Inkassokosten im Visier der Verbraucherzentralen

Von Verbraucherzentrale Saar

Inkassoschreiben sind überwiegend standardisiert und bestehen aus vorformulierten Textbausteinen.

Dennoch verlangen Inkassodienstleister häufig eine unverhältnismäßig hohe Gebühr. In 66 Prozent der Fälle traf dies zu. Das ergab eine bundesweite Auswertung der Verbraucherzentralen, bei der von März bis Ende Juni 2016 über 1.100 Beschwerden zu Inkassodiensten erfasst wurden. Die Verbraucherzentralen sehen nach wie vor Handlungsbedarf, dass Inkassogebühren reguliert werden müssen.
Bei den Gebühren, die Inkassofirmen geltend machen dürfen, wird grundsätzlich der Vergleich zur Vergütung von Rechtsanwälten gezogen. Diese dürfen bei einem durchschnittlich anspruchsvollen Fall – wie zum Beispiel bei einem Verkehrsunfall – eine sogenannte 1,3-Gebühr verlangen. Je höher der Gebührensatz, umso mehr kann der Rechtsanwalt abrechnen. Bei einem routinemäßigen Erstschreiben einfacher Art darf nur eine 0,3-Gebühr angesetzt werden. „Obwohl Inkassoschreiben in den meisten Fällen standardisiert sind und lediglich aus den immer gleichen Textbausteinen bestehen, werden regelmäßig statt einer angemessenen Gebühr weitaus höhere Gebühren von ca. 1,1 bis 1,3 verlangt“, sagt Elif Tanto, Juristin bei der Verbraucherzentrale des Saarlandes e.V. In konkreten Zahlen ausgedrückt: Bei einer ursprünglichen Forderung von bis zu 500 Euro können Inkassokosten mit Auslagen und Mehrwertsteuer statt 19,28 Euro (0,3-Gebühr) oder 32,13 Euro (0,5-Gebühr) schnell 77,11 Euro (1,2-Gebühr) betragen.
Als weitere Kostentreiber kommen neben Phantasiegebühren wie eine „Reaktivierungs- oder Vernunftsappellgebühr“ auch Doppelbeauftragungen von Inkassodienstleistern und Rechtsanwälten hinzu: Oft wird neben einem zuvor beauftragten Inkassodienst zusätzlich ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit aktiv. Beide erheben Gebühren, die auf den Verbraucher abgewälzt werden. Gläubiger sind jedoch dazu verpflichtet, den Schaden so minimal wie möglich zu halten.
Die Untersuchung zeigt außerdem, dass Verbraucher immer wieder von Inkassounternehmen zum Abschluss von gebührenpflichtigen Ratenzahlungsvereinbarungen gedrängt werden. Häufig sind diese mit einem vorformulierten Schuldanerkenntnis gekoppelt. „Vielen ist nicht klar, dass die Inkassodienste mit dem Ratenzahlungsangebot Verbraucher austricksen. Mögliche unberechtigte Geldforderungen werden dadurch anerkannt und treiben die Gesamtkosten in die Höhe“, sagt Elif Tanto.

Fazit der Verbraucherzentralen:
Um willkürliche und überhöhte Gebührenforderungen der Inkassounternehmen zu verhindern, ist es notwendig, die Inkassogebühren klarer zu regeln. Die derzeit geforderten Gebührensätze spiegeln in keiner Weise den konkreten Aufwand eines Inkassodienstleisters wider.
Ein Gläubiger kann einen Inkassodienstleister einschalten, um eine Forderung von einem Schuldner einzutreiben. Dies darf aber für den Schuldner nur mit zusätzlichen Kosten verbunden sein, wenn der Gläubiger selbst nicht die Kenntnisse und Fähigkeiten hat, um die Forderung einzutreiben.
Aber auch dann, wenn berechtigter Weise Inkassokosten erhoben werden, sind diese häufig überhöht. Die Inkassotätigkeit dient so eher dazu, den Gewinn der Inkassounternehmen zu erhöhen, als die Forderung für die Gläubiger einzutreiben.
Die Informationen werden gefördert durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages im Rahmen des Projektes Wirtschaftlicher Verbraucherschutz.