Amin Al Yassouf ist heimisch geworden

Serie über Geflüchtete in der Gemeinde Quierschied Teil 1 Amin Al Yassouf ist heimisch geworden

In der Gemeinde Quierschied sind in den vergangenen Jahren immer wieder Geflüchtete heimisch geworden. Einige von ihnen – und ihre Geschichten – werden an dieser Stelle vorgestellt.
Wer sich mit Amin Al Yassouf unterhält, merkt sehr schnell, dass der 28-Jährige ein positiver Mensch ist. Er floh 2012 aus Syrien und vor dem dort seit 2011 wütenden Bürgerkrieg. Seine Heimatstadt Homs wurde in den vergangenen Jahren dem Erdboden gleichgemacht. In Syrien absolvierte Amin eine Ausbildung zum KfZ-Mechatroniker. Er besuchte sogar schon zwei Jahre lang die Meister-Schule, ehe der Krieg seine Zukunftspläne zerstörte. Amin flüchtete zunächst in den Libanon, dann in die Türkei. Arbeit fand er hie und da, doch ein würdiges Leben nicht. Schließlich entschied er sich dazu, sich einen Platz auf einem Schiff zu erkaufen, das von der Stadt Mersin an der türkischen Südküste aus nach Italien steuerte. An Bord waren mit rund 600 Menschen – darunter viele Kinder und Senioren – viel zu viele Passagiere. Zehn Tage lang dauerte die gefährliche Überfahrt, für die Amin 7.000 US-Dollar (etwa 6.000 Euro) bezahlen musste. „Ich hatte um mich keine Angst“, sagt er rückblickend und es klingt fast makaber, wenn er mit ernster Miene darauf hinweist, dass er schwimmen kann und in Syrien sogar an Schwimm-Meisterschaften teilnahm. Seine Furchtlosigkeit hat jedoch noch andere Gründe und die zeigt er prompt: Zwei mittlerweile vernarbte Schussverletzungen aus dem Krieg. „Das waren die Scharfschützen von Assad“, sagt Amin und ergänzt: „Wir leben nur einmal.“
Nach seiner Ankunft in Italien ging es mit dem Flugzeug nach München, von dort aus in die saarländische Aufnahmestelle nach Lebach (Ende November 2014). Dort bekam er neue Papiere und während er darüber berichtet, beginnen seine Augen plötzlich zu strahlen: „Dann kam ich nach Quierschied, das beste Dorf in Deutschland. Ganz ehrlich.“ Das war 2015. In Syrien hatte er alles, was zu einem guten Leben gehört: Eine Wohnung, ein eigenes Auto. Hier in Quierschied musste er bei Null anfangen – und nahm dies bemerkenswert sportlich: „Ich bin ja noch jung und kann das noch machen“, sagt er sich damals. Er absolvierte einen sechsmonatigen Sprachkurs. Im Anschluss belegte und bestand er den Integrationskurs „B1“ und bemühte sich um Arbeit – und fand sie. Die Autopartner Jost+Pilger GmbH stellte ihn ein. Weil seine Ausbildung in Deutschland nicht anerkannt wird, drückt er seit gut zwei Jahren noch einmal die Schulbank. „Das war schon hart. Alle anderen waren 17 oder 18 Jahre alt und ich 28. Aber, ok, ich bin ja bald fertig“, sagt die Frohnatur. Seine Dankbarkeit für alle, die ihn seit seiner Ankunft in Quierschied unterstützt haben, ist unermesslich. Allen voran nennt er die in der Zwischenzeit verstorbene Flüchtlingshelferin Petra Stuppy-Hunold und deren Ehemann Andreas Hunold und Verwaltungs-Mitarbeiterin Waltraud Spaniol. Den Integrationshelfer der Gemeinde, Mwoloud Daoud, nennt er liebevoll seinen „großen Bruder“. „Alle haben mir sehr viel geholfen. Deshalb ist Quierschied wirklich das beste Dorf in Deutschland. Das Saarland ist mein Land geworden. Wenn ich es verlasse, habe ich Heimweh und muss schnell wieder zurück. Ich bin ein richtiger Saarländer“, sagt Amin und lacht.
Die „Weiterbildung“ zum Saarländer musste er schnell abschließen. Eine Sprachbarriere entwickelte sich nämlich erst nach dem erfolgreichen Abschluss des Deutschkurses: „Ich habe meine Kollegen anfangs gar nicht verstanden. Unser Meister sagte: ‚Amin, es tut mir leid, aber die Leute hier sprechen nur saarländisch.‘ Ich wusste nicht, was ich machen sollte, weil ich ja nur hochdeutsch gelernt hatte. Soll ich das einfach vergessen und saarländisch lernen?“, fragt er und antwortet kurz darauf selbst – und zwar in nahezu akzentfreiem saarländisch: „Eijo. Das hann ich gemach und jetzt bin ich e Saarlänner.“

text/foto.gemeinde quierschied
red.zbs